Gefügebeurteilung
Bei einer Begutachtung von metallischen Bauteilen ist die Gefügebeurteilung eine unerlässliche Methode. Nach erfolgreicher Präparation und Kontrastierung kann eine lichtmikroskopische Gefügebeurteilung erfolgen. Hierbei wird die Ausbildungsform einzelner Gefügebestandteile beschrieben und interpretiert. Dies ermöglicht Rückschlüsse auf z.B. das Herstellungsverfahren, Wärmebehandlungen, Phasenausbildungen, Gefügeanomalien und mechanische Eigenschaften. Je nach Ätzung können unterschiedlichste Eigenschaften betrachtet werden, wie z.B. Primärseigerungen, Porositäten, Rissverläufe, Ausscheidungen, Korngrößen usw. In Verbindung mit Härteprüfungen und chemischen Analysen ist es möglich den Zustand eines Bauteile umfangreich und sehr genau zu charakterisieren.




















Gefügebeurteilung von un- und niedriglegierten Stählen
Un- und niedriglegierte Stähle sind Eisen-Kohlenstoff-Legierungen mit einem Legierungsgehalt unter 5 gew.%. Sie werden unter anderem z.B. als Baustahl im Maschinenbau verwendet.
Über eine metallografische Analyse können wir die Perlit- und Ferrit-Anteile bestimmen, die Perlit-Strukturen einordnen und Verunreinigungen wie zum Beispiel Mangan-Sulfide bewerten. Im linken Bild sind beispielhaft zeilenförmige Mangansulfide zu sehen. Des Weiteren können wir den Wärmebehandlungszustand Ihrer Bauteile oder Halbzeuge überprüfen. Durch Glühen, Härten und Anlassen können bei Stählen unterschiedlichste Eigenschaften eingestellt werden. Diese Zustände können wiederum metallografisch bewertet werden um Rückschlüsse auf das jeweilige Verfahren und mögliche Wärmebehandlungsfehler zu erlangen. Das rechte Bild zeigt ein normalisiertes Gefüge eines S235 (früherSt37).
Normen: DIN 50602
Gefügebeurteilung von austenitischen Stählen
Austenitische Stähle finden Anwendung in nahezu allen technischen Bereichen und zeichnen sich durch Ihre Korrosionsbeständigkeit aus. In der Praxis treten jedoch immer wieder Schäden durch Korrosion auf. Je nach Güte, Herstellungs- oder Bearbeitungszustand können die austenitischen Edelstähle jedoch korrosionsanfällige Phasen ausbilden. Und das obwohl die chemische Zusammensetzung der Spezifikation entspricht. Durch eine metallographische Untersuchung mit spezieller Farbätzung können diese Phasen im Lichtmikroskop nachgewiesen und bewertet werden.
Gusseisen
Die Gusseisen sind Eisenwerkstoffe mit mind. 2,06% C und einen erhöhten Silziumanteil. Im Gegensatz zu Stahl können diese nicht durch Schmiedevorgänge weiter bearbeitet werden.
Graues Gusseisen bildet Graphit in unterschiedlichsten Formen aus, wie z.B. lamellar oder globular. Diese Ausbildung der Graphitformen und -größen werden nach DIN EN ISO 945-1 anhand des metallographischen Gefügebildes klassifiziert. Die Graphitausbildung hat einen direkten Einfluss auf die Eigenschaften des Werkstoffes.
Der Begriff weißen Gusseisen kommt daher, dass dieser Werkstoff keinen Graphit enthält und daher die Bruchfläche „weiß“ erscheint. Technisch wird dieser Werkstoff in Form von Schalenhartguss z.B. für Nockenwellen verwendet.
Eine der häufigsten Korrosionsursachen bei Gusseisen ist Spongiose. Hierbei werden die Gefügebestandteile Ferrit und Perlit unter Bildung eines Eisenschwamms selektiv gelöst, während der Graphit erhalten bleibt und das Bauteil als poröses Gerüst zusammenhält.
CFK Composites - Schnittuntersuchung
Die Schnittuntersuchung an CFK Composites dienen zur Klassifizierung verschiedenster Merkmale(Trockenstellen , Welligkeit , Porosität , etc.). Durch den Einsatz von Lichtmikroskopen und hochauflösenden Scannern, sowie einer professionellen Vermessungssoftware sind Auswertungen im µm Bereich kein Problem.
Normen: DIN EN ISO 12345; DIN 1235, AV 1245
Gefügebeurteilung von Aluminium
Aluminium und seine Legierungen lassen sich durch ihre spezifische Gefügeausbildung eindeutig klassifizieren und bewerten. Aufgrund der schon ungeätzt sichtbaren Mikrostruktur können Aluminiumwerkstoffe eindeutig in Knet- und Gusslegierungen unterscheiden werden. Maßgebend für die technischen Eigenschaften sind z.B. die Ausbildung der intermetallischen Phasen (Aluminide), der Ausbildungzustand des Eutektikums (Veredelung), der Dendritenarmabstand oder der Porenanteil.
Normen: VDG P220
Gefügebeurteilung von Titanwerkstoffen
Titanwerkstoffe zeigen besondere Merkmale. Durch eine geringe Dichte bei gleichzeitig hervorragenden mechanischen Eigenschaften und einer gute Biokompatibilität, finden Titanwerkstoffe Anwendung im Flugzeugbau, im Automobilsektor sowie der Medizintechnik. Titanlegierungen lassen sich dabei grob in drei unterschiedliche Klassen unterteilen, welche metallografisch unterschieden werden können. Abhängigkeit von der Legierungszusammensetzung differenziert man zwischen α-, (α+β)- und β-Legierungen. Abhängig von der Wärmebehandlung und Bearbeitung bilden sich unterschiedliche Gefüge aus, was sich auf die Korrosionsbeständigkeit sowie die mechanischen Eigenschaften auswirkt. Beim linken Bild handelt es sich um eine (α+β)-Legierung nach einem Glühschritt knapp unterhalb der α-β-Umwandlungstemperatur und einer anschließenden schnellen Abkühlung zur Bildung einer azikulären α-Phase.
Normen: ASTM E112, DIN 17851, DIN EN 3114, ASTM F1854
white etching areas in Wälzlagern
Es gibt verschiedene Möglichkeiten die zahlreichen Wälzlagerschäden einzuteilen. Eine Variante ist die grobe Unterscheidung zwischen Verschleiß- und Ermüdungsschäden. Die Ursachen von Verschleißschäden reichen dabei vom fehlerhaften Einbau, über falschen Auslegungen bis hin zu Schmiermittelproblemen. Im Schadensfall können wir Ihnen all diese mikrostrukturellen Fehler über die Materialographie sichtbar machen. Da alle mikrostrukturellen Veränderungen unterschiedliche Ursachen besitzen, können Sie mit den aus der Metallographie gewonnenen Informationen, diese in Zukunft verhindern und die Laufdauer Ihrer Lager, Getriebe oder anderer Maschinenteile verlängern!
Zu den konventionellen mikrostrukturellen Veränderungen aufgrund von Ermüdung gehören die Bildung von dark etching regions (DER), white etching bands (WEB) und sogenannte butterflies (linkes Bild). Diese Veränderungen finden alle Bereich der maximalen Schubspannung (Hertz'sche Pressung) statt.
DERs und WEBs werden nach ihrer Erscheinung nach einer Ätzung benannt und sind im Vergleich zum umgebenden Werkstoff deutlich weicher. Butterflies bilden sich an Verunreinigungen im Stahl, wobei die „Flügel“ durch eine white etching area (WEA ) dargestellt werden und sind deutlich härter als die Matrix.
Eine andere, nicht konventionelle Änderung der Mikrostruktur durch Ermüdung, sind die white etching cracks (WEC) (rechtes Bild), manchmal auch white structured flakings (WSF) genannt. WECs sind eine häufige Ursache von frühzeitigem Ausfall von Lagern in Windkraftturbinen. WECs sind sehr dünne Risse die radial oder tangential in den Wälzlagerringen wachsen und an denen sich white etching areas (WEA) bilden (Bild 04). Die Ursachen der Bildung von WEC sind noch nicht ausreichend geklärt, am wahrscheinlichsten ist hier die Wasserstoffhypothese. Laut dieser Theorie wird durch das Eindringen von Wasserstoff in das Material die Fließgrenze lokal herabgesetzt und es kommt zu den genannten Gefügeveränderungen. Die Diffusion von atomarem Wasserstoff wird vermutlich begünstigt durch eine Kombination aus Werkstofffehlern, hohen Belastungen und chemischen Schmiermittelproblemen. Die WEAs an den WECs lassen sich als mit Kohlenstoff übersättigte, nanokristalline ferritische Strukturen charakterisieren, welche eine höhere Härte aufweisen als die umgebende Matrix.
Gefügebeurteilung von Kupferwerkstoffen
Aufgrund seiner hohen elektrischen Leitfähigkeit findet Reinkupfer vor allem Anwendung in der Elektrotechnik. Bekannte Kupferlegierungen sind Messing und Bronze, welche jeweils noch in Knet- oder Gusslegierung unterschieden werden können. Sie finden vielfältige Anwendung wo Korrosionsbeständigkeit mit einer gute mechanischen Verarbeitbarkeit gefragt sind.
Mittels einer metallographischen Gefügebeurteilung lassen sich bei Kupferwerkstoffen beispielsweise Kupferoxydule (Cu2O) sichtbar machen. Somit lassen sich auf evtl. Verunreinigungen mit Sauerstoff schließen (linkes Bild). Auch der Wärmebehandlungszustand und die Herstellung (rechtes Bild) von Kupferbauteilen lassen sich damit einordnen und überprüfen.
Gefügebeurteilung von Nickelwerkstoffen
Nickel und seine Legierungen findet meist Anwendung mit dem Anspruch einer hohen Korrosions- und/oder Hitzebeständigkeit. Ein Beispiel sind hier die Nickelbasis-Superlegierungen, die zum Beispiel in Gas- oder Flugzeugturbinen Anwendung finden. Durch metallografische Ätzverfahren kann die quaderförmige γ‘ Struktur in der γ-Matrix darstellgestellt und beurteilt werden (linkes Bild). Auch bei den nickelbasierten Werkstoffen sind unterschiedlichste Gefügeausbildungen möglich, die wir lichtmikroskopisch interpretieren und bewerten.