Gefügebeurteilung Gusseisen

Gusseisen sind Eisenwerkstoffe, die sich durch einen hohen Kohlenstoffgehalt von mindestens 2,06 % und einen erhöhten Siliziumanteil auszeichnen. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung unterscheiden sich Gusseisenwerkstoffe deutlich von Stählen, insbesondere in Bezug auf die Bearbeitungsmöglichkeiten: Während Stahl durch plastische Umformung, wie etwa Schmieden, weiterverarbeitet werden kann, ist dies bei Gusseisen aufgrund seiner Sprödigkeit nicht möglich. Diese Eigenschaften resultieren aus der hohen Kohlenstoffkonzentration, die die Struktur von Gusseisen beeinflusst und es von schmiedbarem Stahl unterscheidet.

Ein zentraler Aspekt bei Gusseisen ist die Ausbildung von Graphit. Bei grauem Gusseisen erfolgt die Graphitausscheidung in verschiedenen Formen, die das metallografische Gefüge maßgeblich bestimmen. Typische Graphitformen sind die lamellare Form (Lamellengraphit) und die kugelige Form (Globulargraphit). Die spezifische Ausbildung und Größe des Graphits beeinflusst direkt die mechanischen und physikalischen Eigenschaften des Werkstoffs. Eine feine, gleichmäßige Graphitverteilung kann beispielsweise die Festigkeit und Zähigkeit des Materials erhöhen. Diese Formen und Größen werden nach der Norm DIN EN ISO 945-1 klassifiziert, die eine einheitliche metallografische Analyse und Bewertung der Graphitausbildung ermöglicht.

Im Gegensatz zu grauem Gusseisen enthält weißes Gusseisen keinen freien Graphit. Stattdessen bleibt der Kohlenstoff in Form von Zementit (Fe₃C) gebunden, was zu einer harten, spröden Struktur führt. Der Begriff „weißes Gusseisen“ leitet sich von der weißen Erscheinung der Bruchfläche ab, die aufgrund des Fehlens von Graphit entsteht. Technisch findet weißes Gusseisen häufig in Bereichen Anwendung, in denen eine hohe Verschleißfestigkeit gefordert ist, wie beispielsweise bei Schalenhartguss für Nockenwellen.

Eine der häufigsten Korrosionsformen, die Gusseisen betrifft, ist die sogenannte Spongiose. Bei diesem Korrosionsprozess werden die metallischen Gefügebestandteile, wie Ferrit und Perlit, selektiv aufgelöst, wobei der Graphit unangetastet bleibt. Das Ergebnis ist eine poröse Struktur, die an einen Eisenschwamm erinnert, während der Graphit das Bauteil in Form eines schwachen, porösen Gerüsts zusammenhält. Dieser Korrosionsmechanismus kann die mechanische Integrität eines Bauteils erheblich beeinträchtigen, da die tragenden Gefügebestandteile abgebaut werden und nur ein instabiles Gerüst aus Graphit zurückbleibt.

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Dr. Johannes Diller

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